Am 23. Juni feiern wir den Tag der Schreibmaschine. Im Hinblick darauf, haben wir heute Bernd Tepe zum Interview eingeladen. Die Schreibmaschine spielt in Bernds Leben nämlich eine wichtige Rolle. Eine ganz bezaubernde, wie wir außerdem finden – aber der Reihe nach.
Am 26. Januar 2019 haben wir die Paperworld in Frankfurt besucht. Einer der ersten Stände, die wir an diesem Tag dort entdeckt haben, war der Messestand der type.Manufaktur. Auf charmant pure Weise waren minimalistische Postkarten mit reiner, typographischer Gestaltung ausgestellt. Inmitten der Szene thronte eine Schreibmaschine.
In den nächsten Minuten sollte sich herausstellen, dass jede der feinen Karten ganz liebevoll mit einer Schreibmaschine beschriftet wird. Kleine Wortschätze oder Zitate finden Buchstabe für Buchstabe den Weg aufs Papier und bekommen so einen einzigartigen Charme. Ausgedacht hat sich das Bernd Tepe und heute erzählt er uns unter anderem, wie es dazu kam.
PD: Natürlich wollen wir zuallererst wissen: Wie ist diese Idee entstanden? Wie kam hier eines zum anderen… die Wortschätze, das Papier und die Schreibmaschine?
type.manufaktur: Wie so oft im Leben kamen da Zufälle und spontane Ideen zusammen. Für eine Marketing-Aktion hatte ich die Idee, auf hochwertigem Papier einen Brief mit einer Schreibmaschine zu tippen. Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin. Bei der Aktion ging es um ein klares Anliegen, das kein weiteres Drumherum brauchte. Ich dachte mir, wenn schon ein einfacher Brief die Lösung war, dann musste es aber ein besonderer sein. Irgendwie erschien mir das naheliegend, bis dahin hatte ich mit Schreibmaschinen nichts weiter zu tun gehabt.
Ich habe dann in Berlin den Laden eines Büromaschinen-Mechanikers gefunden, der unter anderem Speicherschreibmaschinen aufarbeitete und verkaufte. Schließlich wollte ich nicht 50 Briefe einzeln von Hand tippen. Ich habe dann eine solche Maschine gekauft, so etwas wird seit mindestens 15 Jahren nicht mehr produziert. Speicherschreibmaschinen sind unglaublich umständlich zu bedienen, das kopierte Bedienungshandbuch ist gut 100 Seiten dick. Immerhin konnten die modernsten dieser Maschinen 32 DIN A4 Seiten Text speichern, bevor sie vollends verschwanden.
Die Aktion jedenfalls war super erfolgreich, die Botschaft erreichte ihre Empfänger und ich dachte, darin steckt mehr. Die ursprüngliche Idee war, solche Mailings anderen Unternehmen als Dienstleistung anzubieten.
Daraus wurde dann aber nichts. Stattdessen entstand anlässlich einer kleinen Firmenfeier die Idee, jedem Gast ein spezielles für sie oder ihn ausgewähltes Zitat auf eine Karte zu tippen – diesmal allerdings mit einer rein mechanischen Schreibmaschine geschrieben. Schließlich handelte es sich ja immer nur um einen Text. Die Zitate selbst stammten aus meiner Sammlung, die ich mir im Laufe der Jahre ohne besondere Absicht aufgebaut hatte.
Der besagte Abend endete damit, dass zum Abschied jeder Gast eine persönlich an sie oder ihn adressierte Karte in einem Umschlag bekam. Neugierige öffneten ihn sofort, andere erst auf dem Nachhauseweg. Doch egal, wie und wo die Karten gelesen wurden, die Menschen waren freudig überrascht bis emotional berührt.
Das Feedback zu den Karten brachte den Stein ins Rollen. Wir haben die Idee dann in verschiedenen Läden getestet und ein Jahr später standen wir damit auf der Paperworld.
PD: Was macht für Dich das Schreiben mit der Schreibmaschine so besonders?
type.manufaktur: Das Besondere sind auf der einen Seite die eingeschränkten Möglichkeiten, die Größe der Buchstaben lässt sich zum Beispiel nicht verändern. Dadurch ergibt sich im Zusammenspiel von Textinhalt, Buchstaben und Papier eine besondere Gestaltung.
Das Schreiben der Karten selbst erfordert einiges an Konzentration, das hat schon etwas Meditatives.
Aber das Wichtigste ist sicher das jeweils einzigartige haptische und visuelle Ergebnis. Es sind Details wie zum Beispiel unterschiedliche Anschlaghärten, die das Gesamtbild bestimmen. Behutsam getippte Karten sehen anders aus als solche, die mit kräftigem Anschlag beschrieben wurden.
PD: Es gibt ja sehr hübsche, alte Stücke, wie wir wissen. Die erfordern zum Teil aber einen durchaus ordentlichen Anschlag, sind nicht immer geräuscharm und oft nicht mehr ganz akkurat im Schriftbild. Sicher gibt es noch einiges mehr, worauf man achten muss. Nach welchen Gesichtspunkten habt Ihr Eure Schreibmaschinen für diesen Zweck ausgewählt?
type.manufaktur: Was das Schriftbild anbelangt, gab es für mich einiges zu lernen. Am Anfang habe ich Karten mit verrutschten Buchstaben aussortiert. Irgendwann stellte sich dann heraus, dass viele Menschen genau das besonders toll fanden. So etwas lässt sich aber nicht gezielt machen bzw. versuchen wir das auch nicht. Manchmal verrutscht halt ein Buchstabe und die Karte findet so ihren Liebhaber oder ihre Liebhaberin.
In Bezug auf die Maschinen gibt es eigentlich gar nicht so viel auszuwählen. Das wusste ich am Anfang natürlich auch noch nicht. Auf der Messe kamen immer wieder schlaue Leute vorbei, die meinten, solche Karten könne ja jeder produzieren. Ich habe da immer sehr gelassen reagiert, schließlich wusste ich es da schon besser.
Der Weg dorthin hat mich mindestens zwei kleinere Schreibmaschinen gekostet. Wir setzen 270 g/m² starken Karton ein. Damit werden Maschinen mit einer kleineren Walze auch durchaus mal fertig. Wenn man das allerdings öfter macht, ruiniert das die Maschinen ziemlich schnell.
Man braucht also größere Schreibmaschinen, solche wie sie früher in Büros eingesetzt wurden. Eines unserer Flaggschiffe ist ein halbes Jahrhundert alt und wurde früher in Ost-Berlin im innerdeutschen Handel zum Beschreiben von 7-fach Durchschreibesätzen verwendet.
Von diesen Büroschreibmaschinen gibt es heute nicht mehr viele. Sie sind meist optisch nicht so ansprechend wie kleinere Maschinen und wiegen auch schon mal 15 kg. Die meisten sind einfach als Altmetall auf dem Schrott gelandet.
Zum Glück bin ich hier in Oldenburg auf einen alten Herrn gestoßen, der solche Maschinen reparieren und warten kann. Der hatte außerdem noch einen ganzen Maschinenpark an großen Maschinen zu verkaufen. Wir haben also für die Zukunft gut vorgesorgt.
PD: Du bist nicht alleine Bernd. Wie viele fleißige Hände schreiben denn an Euren Karten?
type.manufaktur: Ich selbst schreibe heute kaum noch Karten. Ab und zu lege ich mal eine Musterkarte an oder tippe selbst eine, die ich dann mit einer handgeschriebenen Botschaft verschicke. Es sind zur Zeit drei Mitarbeiterinnen, die die Karten tippen und persönlich signieren.
PD: Wie wählt Ihr die Texte für Eure Karten aus? Man stößt ja immer wieder auf wertvolle, sinnhafte Zitate und schöne Worte. Was inspiriert Euch?
type.manufaktur: Mittlerweile bekommen wir immer wieder Hinweise von Fans zu besonderen Zitaten oder Wörtern. Ich glaube, ich habe ein ganz gutes Gespür dafür entwickelt, was ins Programm passt und was Kundinnen und Kunden von type. mögen. Und mich selbst muss es auch ansprechen. Ich suche immer nach Texten, die nicht so bekannt sind und nach solchen, deren Inhalt etwas tiefer geht und sich erst auf den zweiten Blick so richtig erschließt. Und am besten kommt beides zusammen.
PD: Mittlerweile bekommt man bei Euch auch praktische Notizblöcke. Gibt es noch andere Projekte, die Ihr gerade plant?
type.manufaktur: Seit einiger Zeit posten wir auf Instagram die Serie “Wort-Schätze”. Das sind einzelne mit der Schreibmaschine getippte Wörter, die zwar fast alle kennen, die aber die wenigsten noch benutzen.
Darauf gab es immer starkes Feedback und jetzt hatte unsere Kundin Franziska Puchner von der Papeterie Papu die Idee, handgetippte Wort-Postkarten zu machen. Ich habe zwar selbst Produktideen ohne Ende, am besten finde ich es aber, Ideen und Anregungen von Kundinnen und Kunden aufzugreifen. Die wissen schließlich am besten, was gefällt. Die erste Serie dieser Karten fertigen wir gerade. Im Juni bekommt man sie auf jeden Fall bei Papu in München.
Parallel dazu kam eine solche Anregung von Sandra Bienek vom idee.Studio in Berlin. Da haben wir jetzt die erste Briefkarte mit nur einem Wort gemacht – “Fernweh” passt gerade richtig gut in die Zeit, da findet ja bei uns allen gerade großes Sehnsuchts-Kino im Kopf statt.
Als wichtiges Zukunftsprojekt für type. sehen wir die Zusammenarbeit mit Bindewerk. Unsere Freunde vom Chiemseee haben wir übrigens seinerzeit auch auf der Paperworld kennengelernt.
Am Anfang stand die Idee, unsere Produkte in attraktiven, herstellerübergreifenden Kollektionen zu präsentieren. Angelika Niestrath, die die Non Book-Sonderschauen auf der Paperworld und der Frankfurter Buchmesse gestaltet, hat das Sortiment kuratiert. Unter ihrer Regie ist jetzt in Berlin eine tolle Fotoserie entstanden, in der wir unsere Produkte mit denen von Bindewerk in Szene setzen.
Mittlerweile bietet Bindewerk auch das nahezu komplette type.-Sortiment im Online-Shop an.
Überhaupt sehen wir die Zukunft von type. darin, in der Produktentwicklung und im Vertrieb zukünftig noch enger mit unseren Handelspartnern zusammenzuarbeiten. Da gibt es viele neue Ideen, die schon in Arbeit sind.
Einen herzlichen Dank an Bernd Tepe von der type.Manufaktur. Analoge Gestaltungsmittel wie eine Schreibmaschine haben einfach einen besonderen Reiz. Darüber werden wir auch kommende Woche am Tag der Schreibmaschine sprechen. Über diesen tiefen und ganz persönlichen Einblick in diese Welt von Bernd Tepe freuen wir uns sehr!
Wenn Ihr mehr über die type.Manufaktur erfahren wollt, schaut auch gern einmal auf diesen Kanälen vorbei: