„5 Produktivitätshacks und Dein Tag hat mehr als 24 Stunden!“
Mit Headlines wie dieser locken mich gerade gefühlt 137 Blogs digitaler Marketer, 14 verschiedene App-Anbieter und unzählige YouTuber zu ihren Inhalten.
Es scheint klar: Die Möglichkeiten an Information, Inspiration und selbstgestellte Weltrettungs-aufgaben zu kommen, ist größer und einfacher als jemals zuvor.
Ich bin gleichermaßen fasziniert wie abgeschreckt von diesen Möglichkeiten. Ich laufe den Optionen eine Weile guten Willens hinterher, denke im Kopf tausend Projekte an, während ich Mails schreibe, in Meetings sitze, Statusupdates mache und Virales teile. Irgendwann merke ich jedoch, dass ich vor allem Eines suche: Klarheit. Doch selbst wenn ich mein Ziel kenne, fällt es mir schwer, dieses zu erreichen und den Versuchungen am Wegesrand zu widerstehen.
Wenn es um die Kommunikation und Verteilung von Aufgaben im Team geht, sind digitale Tools wie Trello, Wunderlist, Evernote und andere eine wunderbare Möglichkeit. Man verteilt schnell Dokumente und arbeitet gemeinsam Aufgaben ab. Farbliche Markierungen und Benachrichtigungen helfen dabei, Klarheit zu erlangen und die Arbeit zu bewältigen.
Was die persönliche Organisation angeht, scheint es ein wenig anders zu sein. Eine Empfehlung der Experten für Produktivität ist die Elimination von Ablenkungen. Oft auch auf ein simpel klingendes „Schalt dein Internet ab!“ reduziert. Alle digitalen Tools zur Organisation liegen nur einen Klick von Facebook und Co. entfernt. Die Firma myjobgroup hat untersucht, dass der wirtschaftliche Schaden der britischen Wirtschaft durch die private Nutzung von Facebook, Twitter und Co. jährlich etwa 17 Milliarden Euro beträgt. Auch in Deutschland nimmt die Zahl der Arbeitnehmer zu, die behaupten, mit der privaten Nutzung der Netzwerke täglich mehr als eine Stunde ihrer Arbeitszeit zu verbringen. Ich weiß, wie schwer es mir oft fällt, die Konzentration zu behalten, wenn ich zwischen Aufgaben wechsle.
Eine „Rache des Analogen“ (David Sax im New Yorker) scheint deshalb auf dem Vormarsch zu sein. Analoge Notizen. Wir richten den Blick weg vom Bildschirm mit seinen Verlockungen, hin zu einem Medium, das gleichzeitig alle Möglichkeiten bietet und doch keine Chance des Ausweichens. Das weiße Blatt. Metapher für die Angst des kreativen Scheiterns, bietet es uns allerdings auch den Raum, unsere Gedanken zu sortieren. Wir kommen weg von allem Einfluss und müssen aus dem Übermaß an Input eigenen Output erschaffen.
Der amerikanische Autor und Produktivitätscoach David Allen hat ein Programm entwickelt mit dem prägnanten Namen „Getting things done!“ Er nutzt die Notiz, um all die Gedanken, die uns blockieren, auf ein Blatt zu bringen. Dort werden die teils unwichtigen Gedanken, die uns von der Lösung größerer Probleme abhalten, bewertet. Was ist nötig um diese Aufgabe zu erledigen? Was bedeutet in diesem Fall erledigt, was brauche ich dafür und wann ist der richtige Zeitpunkt dafür? Mit diesem Extrahieren der Idee vom Kopf aufs Papier können wir den gedanklichen Raum neu füllen, den sie vorher eingenommen hat.
Das Schreiben auf Papier haben wir in der Schule gelernt und verinnerlicht. Es bedarf zwar der Übung aber keiner neuen Methodik oder einer Lernkurve. Ein weiterer Vorteil gegenüber den digitalen Lösungen, deren Handhabung wir erst lernen müssen.
Und doch wundert es mich ein wenig, was David Sax in seinem Artikel im New Yorker beschreibt. Selbst die digitalsten Köpfe der Tech- und Start-Up Szene haben während einer Konferenz ein Notizheft im Schoß liegen statt eines Laptops. Seine Erklärung klingt einleuchtend. Die technische Entwicklung ist nicht linear. Nur wenn die Technik einen Vorteil bietet, den der traditionelle Vorgang nicht bieten kann, wird sie alternativlos.
Ich selbst habe vor einem Monat damit angefangen, ein neues System für meine Notizen und Termine zu nutzen. Das Prinzip Bulletjournal von Ryder Carroll kombiniert auf wunderbare Weise die Vorteile einer To-Do Liste mit einem Kalendarium und freien Notizen. Meinen Bericht zum Start mit diesem System und meinem Notizbuch Book-A-Like von Papiermeister finden Sie hier.
Jedes System muss vor allem mit Disziplin geführt werden.
Ohne die Disziplin zum regelmäßigen Eintrag ist das beste Organisationssystem nutzlos. Kein Kalendersystem kann die Aufgaben, die ich eintrage, für mich auch erledigen. Mir geht es aber so, dass mir die Organisation von Notizen, Aufgaben und Terminen in einem analogen Medium viel leichter fällt. Für mich also ein echter Gewinn auf der Suche nach Klarheit!
Und wenn Ihnen doch einmal der Sinn nach etwas Ablenkung vom Wesentlichen steht, schauen Sie sich diesen Tipp von Leo Babauta an, dem Autor von zenhabits.net. Er macht aus der Prokrastination einen Produktivitätshack. Für einen konzentrierten 30 Minuten Arbeitsblock gönnt er sich 10 Minuten Prokrastination. Er nutzt die Zeit für einen guten Artikel oder private Notizen. Wenn es sich bei der Ablenkung um Moorhuhn, Candycrush oder ähnliche Spielchen handelt, sollte man vielleicht die Arbeitszeit zwischen den Pausen verlängern.
Teilen Sie uns mit, wie Sie Ihre Arbeit strukturieren und Termine organisieren. Wir sind gespannt!