Die Bedeutung von Wasser für die Papierherstellung

Foto von einem Fluss als Titelbild zum Papier Direkt Blogbeitrag über die Bedeutung von Wasser in der Papierherstellung

Über die Jahrtausende ist die Geschichte des Menschen gleichzeitig die Geschichte, wie der Mensch seine Entwicklung verschriftlicht. Das Erfahren und Lernen neuer Dinge ist immer auch mit dem schriftlichen Dokumentieren verbunden. Höhlenzeichnungen bringen uns den Erfahrungsschatz der Steinzeitbewohner näher, an Steintafeln und Papyrusrollen haben wir Griechen, Römer und Ägypter kennengelernt.

In China wurde vor etwa 2000 Jahren das Papier erfunden und ersetzte dort Seidenstoffe und Bambusbrettchen als Schriftträger. Über die arabische Welt gelangte das Papier im 12. Jahrhundert nach Spanien. Italien wurde im 13. Jahrhundert dann das Zentrum europäischer Papierherstellung.

1390 gründete der Kaufmann Ulman Stromer die erste deutsche Papiermühle in Nürnberg. Vor allem aber die Erfindung des Buchdruck mit Lettern von Johannes Gutenberg 1440 in Mainz sorgte für eine große Weiterentwicklung im Umgang mit Papier.

Historische Papierherstellung in Europa.

Die Herstellung von Papier in Europa war immer begleitet von dem Problem der Rohstoffbeschaffung. Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Papier hauptsächlich aus Hadern hergestellt, den Fasern abgelegter Lumpen. Dies forderte ein hohes Maß an Energie. Neben dem Wasserbedarf für den Prozess der Papierherstellung wurde die Kraft des Wassers daher auch für den Antrieb der Mühlen genutzt. Je nach Lage der Papiermühle und Strömungsgeschwindigkeit des Gewässers sorgten “oberschlächtige-” oder “unterschlächtige Wasserräder” für den Antrieb. Während beim unterschlächtigen Wasserrad das Mühlrad im Wasser hängt und durch die Strömungsgeschwindigkeit angetrieben wird, sorgt beim oberschlächtigen Wasserrad eine Zulaufrinne dafür, dass das Wasser von oben auf das Mühlrad geführt wird.

Da die Voraussetzung für ein hochwertiges Papier ein möglichst reines Produktionswasser ist, wird sowohl diese Zulaufrinne als auch der Mühlengraben regelmäßig gereinigt. So traten die Mitarbeiter im Sommer zum “Bachputzen” an.

Auf dem sogenannten Lumpenboden wurden die Stoffe von Frauen und Kindern sortiert und an feststehenden Messern zertrennt. Im nächsten Schritt wurden die Stoffe in einem Stampfwerk bis zu 24 Stunden lang zu einem Faserbrei gemahlen. Erst ab Ende des 17. Jahrhunderts sorgte die Erfindung des “Holländers” dafür, dass durch diese Zerfaserungsmaschine der Zeitaufwand bis hierhin um die Hälfte reduziert werden konnte.

Für die Herstellung des Papierbogens selbst waren dann drei Arbeiter zuständig.
Der Schöpfer nahm mit einem Schöpfsieb aus der Bütte den mit Wasser vermischten Faserbrei auf. Dabei musste er das Sieb, das von einem Holzrahmen eingefasst ist, behutsam schütteln, um die Hadernfasern gleichmäßig zu verteilen. Die Größe der Schöpfform bestimmte hierbei die Größe des Papierbogens. Diese Arbeit wurde meist vom Mühlenmeister selbst ausgeführt. Von der Bütt, in der Faserbrei und Wasser vermischt sind, bekam daher auch das Büttenpapier seinen Namen.

Im zweiten Schritt übernahm der Gautscher den Rahmen, um das Sieb auf ein Filz abzudrücken. Bei diesem “Abgautschen” wurden so Filze und Papierbogen aufeinander gestapelt und anschließend das Wasser mit einer Presse herausgepresst.

Der Leger trennte dann die Filze vom Papier und sortierte die Blätter auf Trockengestelle. War es auf dem Dachboden zu frostig oder feucht, konnten die Papiere in einem Raum, durch den das Ofenrohr geleitet war, getrocknet werden.

Zwischen Walzen konnte das Papier dann geglättet und satiniert werden.
Mit dieser Methode schöpften Mühlenmeister mit ihren Gehilfen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts weitgehend unverändert Papier. Auf diese Weise erzeugten sie in 15 Stunden etwa 3.000 Blatt Papier.

Erst 1799 gelang der Bau einer Maschine, die eine fortlaufende Papierbahn erzeugen konnte. Die industrielle Revolution sorgte dann für eine rasante Entwicklung in der Papierherstellung.

Papierherstellung heute

Rohstoffe für die Papierherstellung sind heute Holzschliff, Zellwolle und Altpapier. Frischholz wird geschlagen, entrindet und zu Hackschnitzeln verarbeitet. Nadelhölzer sind für die Papierherstellung besser geeignet als Laubhölzer. Ihre größere Faserlänge sorgt für eine bessere Stabilität.

Die Hackschnitzel werden in einer Säurelösung gekocht, um das Lignin aus den Fasern zu lösen. Der Ligninanteil würde ein schnelleres Vergilben des Papiers bedeuten. Die gelösten Fasern werden heute zumeist mit Sauerstoff gebleicht, dann getrocknet und als Ballen verpackt ausgeliefert oder direkt vor Ort weiterverarbeitet.

Die Mahlung des Faserbreis findet in sogenannten Refinern unter Zugabe von Wasser statt. Da Holzfasern allein zu rau wären und eine ungleichmäßige Dichte erzeugen würden, werden Calciumcarbonat und Kaolin zugesetzt. Diese sorgen für eine höhere Dichte und Opazität. In diesem Schritt werden auch Pigmente und Leim zugesetzt, wenn nötig.

Im nächsten Schritt wird die Zellstofflösung der Maschine zugeführt. Am Stoffauflauf wird die Lösung zwischen zwei Siebbahnen geschossen und in eine fortlaufende Papierbahn geformt.
In einer ersten Pressenpartie sorgen Walzen dafür, dass die Papierbahn, die zu diesem Zeitpunkt noch zu 98 % aus Wasser besteht, ein erstes Mal ausgepresst wird. Die Bahn durchläuft beheizte Trockenzylinder und wird auf eine Restfeuchtigkeit von drei bis vier Prozent getrocknet.
Die Kalander, zwei Stahlwalzen, sorgen für eine gleichmäßige Dicke des Materials, während die Papierbahn mit 1.400 Metern in der Minute durch die Maschine läuft. In den Streichpressen wird ein Leim oder Streichfarbe auf die Walzen gesprüht, die das Mittel auf die Papierbahn übertragen. Diese Rohware wird auf Rollen von 80 Kilometer Länge, 8,5 Meter Breite und einem Gewicht von 120 Tonnen zur Weiterverarbeitung aufgerollt.
Im letzten Schritt werden diese Jumborollen mit einem Oberflächenfinish versehen und dann als Rolle verpackt oder als Formatware mit Schrumpffolie umhüllt oder geriest.

Als ein Ries bezeichnet man ein Bündel oder eine Verpackungseinheit sortengleicher Papiere, die in Ries-Einschlagpapier verpackt werden Das Wort Ries leitet sich aus dem arabischen Wort rizmah ab. Meist handelt es sich dabei je nach Grammatur um eine Menge von 500, 250, 125, 100 oder 50 Bogen Papier, die Zahlen variieren aber je nach Land.

Wasser als entscheidender Faktor für die Papierherstellung

Wasser ist ein sehr wichtiges Prozessmaterial für die Papierindustrie. Für die Herstellung eines Kilogramms Papier brauchte es rund 100 Liter Frischwasser. Allerdings sind durch Wiederaufbereitung und geschlossene Wasserkreisläufe heute jedoch 90 Prozent der Wassermenge wiederverwendbar.

Auch heute noch gilt: Je besser die Wasserqualität, desto wirtschaftlicher lässt sich ein gutes Papier herstellen. Das Frischwasser für die Papierherstellung in Deutschland kommt aus Gebirgs- und Mittelgebirgsgegenden und hat Trinkwasserqualität. Nötig ist weiches Wasser von konstanter Qualität, das möglichst wenig gelöste Stoffe wie Eisen-, Ammonium-, Kalk- und Magnesiumsalze enthält.

Bis ins 19. Jahrhundert standen die Papiermühlen für die zu starke Belastung der Gewässer in der Kritik. Immer wieder stritten sich Papiermühlen, die Gemeinde und Anlieger der Gewässer über den Nutzen und Schaden der Papierherstellung. Ende des 19. Jahrhundert gab es dann ein Einlenken der Papierindustrie. Man sah ein, dass der Rohstoffverlust durch fehlende Filterung der Abwässer bis zu 50 % betrug. Allmählich gingen dann Ökonomie und Ökologie Hand in Hand, als der wirtschaftliche Nutzen einer sauberen Papierherstellung deutlich wurde.

Ein Wandel im Bleichverfahren sorgte für weitere Verbesserung. Die Sulfatbleiche erzeugt einige Rückstände, die teuer gefiltert werden müssen. Durch den Umstieg auf die heute übliche Sauerstoffbleiche können die Abwässer wieder in die Produktion zurückgeführt werden.

Während zu Beginn des 20. Jahrhundert der Frischwasserbedarf in der Papierherstellung noch enorm war, kann man heute durch die Wasserkreisläufe massiv Wasser einsparen. Mittlerweile liegt der Verbrauch bei durchschnittlich 10 Liter Frischwasser pro Kilogramm Papier. Herstellungsprozesse, die mit einem komplett geschlossenen Kreislauf arbeiten, können den Bedarf an Frischwasser auf ein bis zwei Liter senken, die dazu nötig sind, Verdunstungs- und Verdampfungsverluste auszugleichen.
Die Unternehmen sind außerdem bemüht, die in der Zellstoffgewinnung eingesetzten Mittel zurückzugewinnen. Die bei der Verbrennung von Reststoffen freigesetzte Energie wird zur Dampferzeugung genutzt und chemische Anteile werden über Rückgewinnungsverfahren wieder in Einsatzchemikalien umgewandelt.

Die Papierindustrie setzt viel daran, die Herstellungsprozesse zu optimieren und den Wasserbedarf weiter zu senken. Umweltverträglichkeit und Energieeffizienz spielen bei der Papierproduktion heute eine große Rolle. Die Verwendung von Rohstoffen aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern hat sich weitgehend durchgesetzt und wird mit den Zertifikaten FSC und PEFC dokumentiert. Die Wiederaufbereitung und Reinigung des verwendeten Wassers ist teilweise gesetzlich vorgeschrieben. Die bei der Produktion anfallenden organischen Reststoffe werden in Kompost umgewandelt und werden als Düngemittel in der Landwirtschaft verwendet. Und auch der benötigte Strom wird teils von den Fabriken in Eigenregie erzeugt.

Dies sind die Herausforderungen, denen sich die Papierindustrie in der heutigen Zeit stellt. Beispielhaft in dieser Hinsicht arbeitet die Papierfabrik Clairefontaine an ihrem Standort in den französischen Vogesen.

Wenn Euch der Artikel gefallen hat, schreibt uns gern, welcher Aspekt der Papierherstellung Euch außerdem interessiert. Wir freuen uns auf Eure Kommentare!

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4 thoughts on “Die Bedeutung von Wasser für die Papierherstellung

  1. Sehr interessanter Artikel. Hoffe Sie veröffentlichen in regelmäßigen Abständen solche Artikel dann haben Sie eine Stammleserin gewonnen.Vielen Dank für die tollen Informationen.

    Gruß Sandra

    • Hallo,
      vielen Dank für das Lob! Wir versuchen, immer wieder interessante Aspekte aus der Papierwelt zu beleuchten. Sie dürfen natürlich auch gern Wünsche zu Themen äußern. Einen schönen Tag und hoffentlich bis bald!

  2. Interessant: “Die bei der Verbrennung von Reststoffen freigesetzte Energie wird zur Dampferzeugung genutzt und chemische Anteile werden über Rückgewinnungsverfahren wieder in Einsatzchemikalien umgewandelt.”
    Das sind dann also keine Elektrodampferzeuger?

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